Sollte man ein Arbeitszeugnis schreiben lassen?
Das Schreiben eines Arbeitszeugnisses durch den Arbeitgeber sollte eigentlich heutzutage keine Probleme bereiten. Trotzdem ist diese Formalität aus arbeitsrechtlichen Gründen eine äußerst ungeliebte Tätigkeit geworden. Denn ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss wahrheitsgemäß, genau und fair sein und darf keinen negativen Eindruck erwecken bzw. den Arbeitnehmer in ein schlechtes Licht rücken.
Viele Arbeitgeber weigern sich deshalb, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen und versuchen den Mitarbeiter mit einem einfachen Arbeitszeugnis abzuspeisen. Dieser Fluchtreflex bei der Erstellung eines Arbeitszeugnisses ist durchaus verständlich, denn bei der Zeugnisformulierung ist Vorsicht geboten. Unter Umständen enthält das Arbeitszeugnis unvorteilhafte Einschätzungen, die vom Arbeitnehmer missbilligt werden und das Arbeitszeugnis anfechtbar machen. Denn in Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten ein regelrechter Zeugnis-Code bzw. eine eigene Zeugnissprache entwickelt, die zwar durchweg positiv klingt, aber dann doch leicht von Personalabteilungen als negative Aussage interpretiert werden kann.
Was sollten Sie also tun, vielleicht ein Arbeitszeugnis erstellen lassen?
Um es gleich vorab zu sagen. Prinzipiell hat jeder Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Selbst dann, wenn er nur ein paar Monate im Unternehmen beschäftigt war und auch wenn der Mitarbeiter nur eine Teilzeitkraft war, oder es sich sogar nur eine nebenberufliche Tätigkeit oder geringfügige Beschäftigung gehandelt hat. Ferner behandelt ein ausführliches oder individuelles Arbeitszeugnis normalerweise eine Aufgabenbeschreibung, die Arbeitsleistung mit einer Leistungsbeurteilung und manchmal auch soziale Komponenten wie Disziplin, Ehrlichkeit, Zeiteinteilung und Pünktlichkeit. Und zumeist auch den Grund für den Austritt bzw. einen Dank oder eine Formulierung des Bedauerns.
Allerdings werden diese Aussagen in Arbeitszeugnissen dazu oftmals verklausuliert, in der Hoffnung, dass eigentlich negative Formulierungen nur von Zeugnisexperten oder den Verantwortlichen im Personalmanagement bei der nächsten Bewerbung erkannt werden, während der beurteilte Arbeitnehmer die vordergründige Kritik an seiner Arbeit oder Arbeitseinstellung gar nicht direkt bemerkt.
Beispiele für Zeugnissprache bzw. versteckte Beurteilungen in Arbeitszeugnissen:
1.Sie haben einen Mitarbeiter, der regelmäßig zu spät zur Arbeit gekommen ist, dessen Arbeitleistung aber trotzdem gut war. Die Aussage in einem Arbeitszeugnis würde dann vermutlich lauten, dass die betreffende Person stets gute Arbeit geleistet hat und nie unpünktlich war. Diese zweite Aussage zur Pünktlichkeit klingt eigentlich positiv, enthält aber durch „nie“ und „un-“ quasi eine doppelte Verneinung. Darüber hinaus ist die Pünktlichkeit in den meisten Berufen eine Selbstverständlichkeit, die nur in seltenen Fällen direkt erwähnt wird.
2. Sie haben einen hoch qualifizierten Mitarbeiter, der die Leistungen aller anderen Kollegen übertrifft, aber mit dem Sie und andere persönlich bzw. menschlich nicht klar gekommen sind. Da es dem Mitarbeiter gegenüber unfair wäre, diese Tatsachen direkt anzusprechen, wird im Arbeitszeugnis wahrscheinlich nur stehen, dass er ein Leistungsträger war, und der gesamte Komplex des Sozialverhaltens wird einfach verschwiegen. Das bedeutet, das Verhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Kunden wird weggelassen, was natürlich problematisch ist. Oder aber es werden nichtssagende Floskeln verwendet wie „Das Verhalten war ohne Tadel.“ oder man findet die gemeinhin bekannte „Bemühung“ wie „Er war stets um ein gutes Verhältnis zu Kunden, Kollegen und Vorgesetzten bemüht.“ Was soviel heißt, dass der Mitarbeiter sich erfolglos bemüht hat!
Schon aus diesen kurzen Beispielen für gängige Zeugnis-Codes ist ersichtlich, wie schwierig es für einen Arbeitgeber sein kann, zu wissen, was man schreiben soll, wenn man gebeten wird, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis für einen Mitarbeiter zu erstellen. Viele negative Formulierungen in Zeugnissen sind deshalb lediglich die Folge von Missverständnissen und unglücklichen bzw. unbekannten Formulierungen und gar keine böse Absicht. Aus diesem Grund ist es durchaus verständlich und auch nicht verwerflich, wenn viele Firmen das Arbeitszeugnis erstellen lassen, beispielsweise durch externe Zeugnisagenturen, die mit der Zeugnissprache und den rechtlichen Aspekten besser vertraut sind.
Wofür benötigt man ein Arbeitszeugnis?
Ein gutes Arbeitszeugnis kann bei einer Bewerbung oft den Unterschied zwischen einer Einstellung und einer Ablehnung ausmachen. Denn ein Arbeitszeugnis sollte einen erfahrenen Personalmanager in die Lage versetzen, die Qualitäten und Fähigkeiten des zukünftigen Mitarbeiters einzuschätzen. Ein potenzieller Arbeitgeber erhält durch das qualifizierte Zeugnis die Möglichkeit, die Stärken und Qualitäten einer Person aus der Sicht eines Dritten zu beurteilen, wenn er diesen Kandidaten für eine Stelle in Betracht zieht. Wer demnach kein Arbeitszeugnis vorlegen kann, hat direkt einen Nachteil im Vergleich zu den besser vorbereiteten Mitbewerbern.
Wenn es also darum geht, ein Arbeitszeugnis von seinem (ehemaligen) Arbeitgeber zu bekommen, dann sollte man auf seinen Zeugnisanspruch verweisen, der bis zu drei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht.
Was muss der Arbeitgeber bei der Erstellung von Arbeitszeugnissen bedenken?
In diesem Leitfaden für Arbeitgeber erklären wir, was ein Arbeitszeugnis auf jeden Fall enthalten sollte und ob es nicht ratsamer ist, das Arbeitzeugnis direkt von Profis schreiben zu lassen.
Was den Inhalt des Arbeitszeugnisses selbst betrifft, so kann dieser kurz und prägnant sein oder auch ausführlicher, je nachdem, wie viel der Arbeitgeber über den Mitarbeiter zu sagen hat. Ein zu kurzes Arbeitszeugnis kann jedoch den Eindruck erwecken, dass der Zeugnisschreiber den Bewerber nicht sehr gut kennt oder ihn nicht uneingeschränkt empfehlen will. Ebenso besteht bei einem zu langen Arbeitszeugnis die Gefahr, dass der potenzielle neue Arbeitgeber mit zu vielen unnötigen Informationen überhäuft wird und das Arbeitszeugnis übereifrig wirkt. Ist das Zeugnis dann noch vollgepackt mit uneingeschränkten Lobhudeleien, wird der Leser sofort denken, dass das Arbeitszeugnis vermutlich selbst geschrieben wurde. Das Arbeitszeugnis sollte sich von daher auf einige wenige Kernthemen konzentrieren: Tätigkeitsbeschreibung, Leistungsbeurteilung, Sozialverhaltensbeurteilung, Beendigungsformel, Dankesformel und Bedauernsformel, Zukunftswünsche, Ausstellungsort mit Datum und Unterschrift.
Grundsätzlich sollte das Arbeitszeugnis mit einem sachlichen Kontext beginnen, in dem erläutert wird, in welcher Funktion die betreffende Person für das Unternehmen tätig war, einschließlich der Berufsbezeichnung. Da der allgemeine Zweck eines Arbeitszeugnisses darin besteht, zu erläutern, warum ein anderer Arbeitgeber einen Bewerber auswählen sollte und was diesen Bewerber für die Stelle qualifiziert, sollte das Zeugnis vor allem die beruflichen Fähigkeiten und die erbrachten Leistungen herausstellen.
Hilfreich ist deshalb, wenn das Arbeitszeugnis von jemandem geschrieben wird, der den ausscheidenden Arbeitnehmer kannte, d. h. jemand, der direkt mit ihm zusammengearbeitet hat und mit seiner Arbeit vertraut ist. Da es sich jedoch gleichzeitig um eine Person handeln sollte, die innerhalb des Unternehmens eine entsprechende Position innehat, z. B. einen direkten Vorgesetzten, kann man sich auch an eine externe Zeugnisagentur wenden. Diese hat Erfahrungen mit Mitarbeiterbeurteilungen und entsprechende vorgefertigte Fragebögen, um die Stärken und das Verhalten des Arbeitnehmers abzufragen und für ein professionelles Arbeitszeugnis zu formulieren. Je mehr Informationen ein Arbeitgeber einem Zeugnis-Ghostwriter dabei zur Verfügung stellen kann, desto einfacher wird es, das Arbeitszeugnis sowohl informativ als auch positiv und wohlwollend für den Arbeitnehmer zu gestalten.